Braut von Assisi by Brigitte Riebe

Braut von Assisi by Brigitte Riebe

Autor:Brigitte Riebe [Riebe, Brigitte]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi
veröffentlicht: 2013-02-15T23:00:00+00:00


»Du kitzelst mich!«, rief Ilaria juchzend.

»Das wollte ich nicht.« Stella bemühte sich, ihre Finger ruhiger zu halten. Sie plagte sich gerade mit dem himmelblauen Mieder des Brautkleids ab, wo ein Dutzend seidener Bänder durch ebenso viele winzige, sorgsam umstickte Ösen gezogen werden mussten, damit es richtig saß. Ich werde gar nichts fühlen, hatte sie sich gelobt, als der Schlüssel sich im Schloss gedreht hatte und Simonetta sie mit versteinertem Gesicht hinausgelassen hatte. Dann kann mir auch nichts wehtun.

Doch der Vorsatz war weitaus einfacher gewesen als die Durchführung, das spürte sie jetzt. Die verliebte Schwester in all ihrer freudigen Aufgelöstheit zu erleben, berührte sie tiefer, als sie es vermutet hatte. Sie gönnte Ilaria ihr strahlendes Glück von ganzem Herzen – und fühlte sich gleichzeitig einsamer denn je.

Wer war sie? Und wohin gehörte sie?

Die Fragen, die seit Tagen unablässig in ihrem Kopf kreisten, überfielen sie beim Anblick der lieblichen Braut mit ungeahnter Macht aufs Neue.

»Du schwindelst. Das war absichtlich«, beharrte Ilaria. »Du hast mich schon immer gern gekitzelt, auch früher, als wir noch ganz klein waren. Weißt du das denn nicht mehr?«

Auf einmal war Stella der neckische Tonfall unerträglich. Konnte es ihrer Schwester denn gänzlich gleichgültig sein, dass man sie schon bald wieder ins Ammenzimmer sperren würde, während Ilaria in prachtvollem Rahmen Hochzeit feierte? War das Band schon so lose geworden, das sie einst unzertrennlich miteinander verknüpft hatte?

Sie hob den Kopf, den sie für diesen besonderen Tag mit einer einfachen Haube verhüllt hatte, um niemanden mit ihrem abgesäbelten Haar zu provozieren, und begegnete Ilarias Blick. Für den Bruchteil einer Sekunde meinte sie, so etwas wie schlechtes Gewissen in den blauen Augen zu erkennen, genau die Art von Scham, die für die Schwester typisch war, wenn sie gelogen oder etwas ausgefressen hatte. Doch der Ausdruck verschwand ebenso rasch, wie er gekommen war.

»Ich will dich doch nur ein wenig aufheitern«, sagte Ilaria und griff nach Stellas Hand. »Mach es mir nicht noch schwerer, als es ohnehin schon ist! Hast du überhaupt eine Vorstellung, wie lange ich Mamma beknien musste, damit sie dich herauslässt?« Die Zungenspitze erschien zwischen ihren rosigen Lippen. »›Sonst heirate ich nicht!‹ So weit musste ich gehen, stell dir das vor! ›Nur wenn Stella mir ins Brautkleid helfen darf, trete ich mit Federico vor den Altar – basta!‹«

»Ich weiß doch, dass du es immer gut meinst«, sagte Stella und zurrte die Bänder noch fester. »Aber es ändert trotzdem nichts an meiner Lage.«

Ilaria schien zu zögern. »Du meinst den Schlüssel?«, fragte sie gepresst. »Mamma bewacht ihn argwöhnischer als ihr kostbarstes Collier. Vielleicht irgendwann später, wenn alle zusammen ausgelassen feiern und niemand …« Sie begann an ihrem Ärmel zu nesteln, obwohl der Stoff dort glatt war. »Selbst dann wüsste ich allerdings nicht, wie ich unauffällig in seinen Besitz gelangen sollte.«

Was war los mit ihr? So matt und verdruckst war Ilaria doch sonst nur, wenn sie etwas auf dem Kerbholz hatte. Argwohn streifte Stella, doch sie wehrte sich dagegen. Auch noch den letzten Menschen zu verlieren, dem sie vertrauen konnte, wollte sie sich nicht einmal vorstellen.



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